Die Preußische Ruthe – Wissen weitergeben im Westmünsterland

Lisa-Sophie Meyer
07.06.2018

Ein altes Längenmaß lebt wieder auf. Dank Spenden und einem engagierten Verein im Westmünsterland können Interessierte die Geschichte der Vermessungskunde in der freien Natur entdecken. 

Wie lang ist eigentlich eine Preußische Ruthe? 3,766 Meter, natürlich. Wie, nicht gewusst? Und wie wurde eigentlich die Erdoberfläche im frühen 19. Jahrhundert vermessen, so ganz ohne Satelliten, Google Earth und andere technische Errungenschaften? Keine Ahnung? Ein Glück, dass es die Interessensgemeinschaft Geometerpfad e.V. gibt. Denn wenn wir von unendlicher Projektvielfalt auf betterplace.org sprechen, dann meinen wir das auch so. Und manchmal läuft uns dann ein Projekt über den Weg, was uns darin nur noch mehr bestätigt: so geschehen als Alois Nienhaus, der erste Vorsitzende des Vereins, auf unsere Frage nach Erfolgsgeschichten mit betterplace.org sich bei uns meldete.

Die Interessensgemeinschaft Geometerpfad e.V. wurde im Mai 2016 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, interessierten Menschen anschaulich zu zeigen und zu erklären, wie die Vermessung der Erdoberfläche zu Beginn des 19. Jahrhunderts bewerkstelligt wurde und wie sich das Vermessungswesen seitdem entwickelt hat. Hierzu soll ein 5,5km-langer Lehrpfad unter dem Motto “Landvermessung im Wandel der Zeit” realisiert werden.

Ein erster Schritt ist schon gemacht: Dank Spenden auf gut-fuer-das-westmuensterland.de, einer Initiative von betterplace.org und der Sparkasse Westmünsterland, konnte der Verein vergangenen Dezember die Themensitzgruppe “Von der Preußischen Ruthe zum Französischen Meter” am Rastplatz des Radweges an der Bocholter Aa einweihen. Die Preußische Ruthe war nämlich von 1816 bis 1871 in Westfalen und Rheinland gültiges Längenmaß, bis am 1. Januar 1872 schließlich das Meter im Deutschen Reich als verbindliches Längenmaß bestimmt wurde. Wieder was gelernt!

Aus massiven Eichenholzbohlen gezimmert stehen nun eine Bank und ein Tisch in der Länge einer Preußischen Ruthe für Rastende und Interessierte am Geometerpfad bereit. Achja, “Geometer” war übrigens die Berufsbezeichnung für Ingenieure, die um 1820 erste Vermessungen aller Grundstücke im Rheinland und in Westfalen vornahmen. Noch mehr gelernt!

 

 

Doch damit ist es noch lange nicht getan. Die Interessensgemeinschaft plant für den Geometerpfad die Errichtung eines Vermessungsturmes, so dass Wegemessungen zu den Kirchtürmen der umliegenden Orte gemacht werden können – eine frühe Methode zur Koordinatenbestimmung von Trigonometrischen Punkten, “Triangulation” genannt. Auch ein mobiles Museum ist mittlerweile in Planung, um alte Vermessungsinstrumente und das Wissen um ihre Benutzung direkt zu Schulen und Veranstaltungen bringen zu können – denn wie man sieht, mangelt es nicht an historischen Ausstellungsobjekten.

Ein Projekt, das nischiger kaum sein könnte – und das dank der Begeisterung der Interessensgemeinschaft Geometerpfad e.V. und großzügigen Spender*innen auf betterplace.org im Westmünsterland richtig was bewegt und dafür sorgt, dass historisches Wissen nicht verloren geht.